Kurz vor dem Intendanzwechsel am Staatstheater Wiesbaden habe ich noch einmal ein Abschiedsgeschenk bekommen. In der vorletzten Schauspielproduktion wurde ich nochmals als Gast geholt, diesmal in der Hauptrolle ‚Paul Raison‘ in der von Sophia Aurich erstellten Bühnenfassung von Michel Houellebecqs letztem Roman „Vernichten“.
Ein Monster von einem Roman, der in einem sich demokratisierenden Frankreich der nahen Zukunft spielt – sehr ungewöhnlich für Houellebecq. Gleichzeitig wird die Weltordnung von einer enigmatischen Terrorzelle zerwirbelt, sowohl durch Internet-Hacks, Fake-News und konkrete Anschläge. Sowohl im Roman wie auch in unserer Aufführung verschiebt sich der Fokus nach zwei Dritteln auf den Protagonisten, der mit einer schweren Krebserkrankung zu kämpfen hat, während gleichzeitig in seiner seit zehn Jahren totgeglaubten Ehe ein zweiter Frühling beginnt. Viele offene Erzählstränge, viele rote Fäden, die nicht weitergesponnen werden, die Fragestellung, was ein Leben, auch wenn es vorzeitig abgekürzt wird, lebenswert macht und am Schluss eine Hymne auf die Liebe. Beim Lesen dachte ich, das ist sein zugänglichster Roman, und auch wenn die Welt, die er geschaffen hat, nicht zu einem befriedigenden Ende hin oder gar zu einer Pointe auserzählt wird, fand ich es doch versöhnlich.
Eine sehr anspruchsvolle Probenzeit für mich und dann sehr erfreuliche Aufführungserlebnisse. Mit dem Regisseur Bernd Mottl würde ich sofort wieder zusammenarbeiten.
Mit Sybille Weiser, Ben Daniel Jöhnk, Evelyn M. Faber, Philipp Steinheuser, Nicola Schubert, Palesa Moloto, Paul Simon
Dramaturgie Marie Johannsen



