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hanno

Action!

ALARM FÜR COBRA 11!
Die TV-Serie auf RTL ist seit 2023 eine Spielfilm-Serie geworden, mit großem – überraschenden – Erfolg. Die Neuausrichtung hat wohl auch für neue Zuschauer gesorgt und das neue Format kommt gut an. Für den neuen 90-Minüter DIE FALLE war ich mal wieder (nach 12 Jahren, damals DAS AUPAIRGIRL) dabei.
Ein eher kleiner Auftritt als Anwalt mit üblen Connections ‚Torsten Graf‘, dafür ein langer Nachtdreh im Kölner Rheinauhafen. Schönes Kennenlernen mit der sehr humorbegabten Pia Stutzenstein und ein schönes Wiedersehen mit Erdogan Atalay.

Regie: Friederike Heß
Casting: Anja Dihrberg-Siebler

Kurz & Schmerzhaft

Wie schon mehrhaft erwähnt, wirke ich sehr gerne in Independent- und/oder Hochschulabschluss-/Kurzfilmen mit. Diese Filme werden immer mit viel Herzblut und Engagement produziert und oft habe ich das Gefühl, dass ich hier mit einer zukünftigen Größe – hinter oder vor der Kamera – zusammenarbeite. Im letzten Jahr waren das drei Projekte, die sehr unterschiedlich und eigenständig waren. Zweimal habe ich den Vater der Hauptfigur gespielt, ein Rollenprofil, das jetzt immer öfter ansteht, erfreulicherweise.

VERGEBUNG (Forgiveness, Ten Years Without Spring) von Philip Brenke
Mit Karoline Eichhorn und Marius Ahrendt – Hammerbesetzung
Für den tollen elektronischen Score hat der Composer Marcel Barsotti inzwischen auf vier verschiedenen Festivals den Preis für Best Original Score gewonnen.

LENA & LOU von Cara Terbrüggen
Mit Sonja Weißer und Moritz Bäckerling – zwei Shooting Stars, denke ich.

Und dann das völlig freidrehende Projekt NEVER ODD OR EVEN vom HYBRIS e.V.-Collectiv mit Lydia Hallfeldt, Denise Meisner und Andreas Potulski.
Letzteres ist feministisch, experimentell und hoffentlich verwirrend.

Ich freue mich auf die Festival-Auswertungen.

WaPo Duisburg für Das Erste

Der Ruhrpott hat mehr zu bieten als Currywurst und stillgelegte Zechen, nämlich sehr viel Wasser. Rhein, Ruhr, Emscher, Lippe, Baggerseen und ein dichtes Kanalnetz. Da braucht’s natürlich auch eine Wasserpolizei. Die WaPos sind für Das Erste so etwas wie die SoKos für’s ZDF. WaPo Duisburg ist schon der dritte Ableger (oder sozusagen Anleger…) der Krimiserie, und wo es eine WaPo gibt, da gibt’s auch Mord und Totschlag. Klar!

Ich hatte das Vergnügen, für die dritte Staffel den Galeriebesitzer und Kunstmäzen ‚Ferdinand von Wasserschleben‘ zu spielen. Der ist mindestens so flamboyant wie sein Name und so arrogant, wie es sich für seinen Beruf gehört. Maske und Kostüm hatten ihren Heidenspaß, und ich auch. Die Folge „Der schlafende Neptun“ wartet mit einigen Finten und Überraschungen auf, und der römische Gott der fließenden Gewässer (WaPo eben) ist ganz schön umtriebig.

Hier mit Kollege Markus John, als Hauptkommissar Gerhard Jäger.

Abgebrannt in MARIE BRAND

Nach 12 Jahren spiele ich wieder bei MARIE BRAND für’s ZDF. Der Film heißt MARIE BRAND UND DIE FALSCHE WAHRHEIT. Damals war’s ein Zuhälter (der auch zügig über den Jordan ging), die Aufgabe diesmal war wesentlich anspruchsvoller. Meine Rolle, Klaus Thiele, ist ein Witwer, dessen Sohn nach einer wilden Party erschlagen aufgefunden wird. Thiele ist sowieso am Rand, er trinkt und lebt relativ würdelos mit Sohn in einer kleinen Wohnung. Sein Sohn ist das pure Gegenteil, Supersportler, Abitur. Das gibt Klaus natürlich den Rest, er versucht herauszufinden, was in der Nacht passierte, dabei stößt er viele Menschen vor den Kopf und wird ziemlich übergriffig. Marie Brand (Marielle Millowitsch) begegnet ihm zweimal, allerdings ist er nicht sehr hilfreich. Am Ende ist aber er es, der ein zweites Verbrechen verhindert. Kriegt er danach sein Leben in den Griff? Wahrscheinlich nicht.

Das war eine wunderbar anspruchsvolle schauspielerische Aufgabe. Am Set bin ich dann zwei lieben Kollegen wiederbegegnet: Paula Paul und Julian Weigend. Und tolle kennengelernt: Anna-Lena Schwing, Florian Anderer und Nora Solcher. Also eine gute Mischung aus konzentrierter Spannung und Big Fun.

Regie: Mike Zens
Casting Director: Iris Baumüller

Anna-Lenas Instagram
Florians Instagram
Julians Instagram

Abrufbar in der ZDF-Mediathek

DCKS !

On very short notice habe ich bei DIE CAROLIN KEBEKUS SHOW mitgemacht. Kurz DCKS, die Autovervollständigung im Kopf macht natürlich ein anderes Wort draus, klar, soll auch so. In der sogenenannten MAZ (kurzer Einspieler) geht es um das Impostor-Syndrom, ein verbreitetes Phänomen, welches besagt, dass man glaubt, den eigenen Erfolg nicht verdient zu haben. Weil man ein – nun ja – ein Hochstapler ist. Kennt, glaube ich, fast jeder Schauspieler. Caro spielt darin Jesus, Marie Curie, Wonder Woman und Leonardo da Vinci im Vorstellungsgespräch. Sehr gut! Der Personaler (ich) gibt den Job trotzdem jemand anders. Aus besagtem Grund.

Die ganze Show vom 3. November 2022 hier:
DCKS

Das Impostor-Segment hier:
Sind wir alle Hochstapler:innen? | Die Carolin Kebekus Show

Mal wieder in der Betty Ford Klinik 😁

Gut, in Wirklichkeit ist’s die Karlsklinik Aachen, und die gibt’s natürlich auch nicht.

Ich bin wieder bei BETTYS DIAGNOSE dabei. In der Folge GERETTET (nicht das Stück von Edward Bond, sondern viel lustiger). Und wieder spiele ich einen egomanen, misogynen Halbdackel (wie die Schwaben sagen). Ralph arbeitet beim Ordnungsamt, findet es aber gar nicht in Ordnung, dass seine Kollegen Nancy glaubt, dass zwischen den beiden nichts läuft. Sie findet sogar, dass er aufdringlich und übergriffig ist. Hat sie recht.

Nancy wird gespielt von Charity Collin. Wir hatten wirklich tolle Zweierszenen.
Auf Foto zwei Stammbesetzung Isabell Horn als Schwester Rike, Bettys beste Freundin.

Regie Tina Kriwitz
Casting Director Sandra Köppe

Charitys Instagram

Stream a little stream…

Serienformate mit kurzen Folgen, die auch nicht unbedingt immer die gleiche Länge haben müssen, werden immer öfter nicht nur für YouTube oder Vimeo produziert, sondern auch von TV-Sendern. Die landen dann sofort oder nach Ausstrahlung im linearen Fernsehen in den Mediatheken. Da macht dann das bingen Spaß, weil man eine ganze Serie in 30 bis  120  Minuten zu Ende schauen kann. Für die Sender ist es eine Möglichkeit, Experimente zu machen und unentdeckten Talenten eine Chance zu geben (und kostengünstig einen eventuellen Grimme-Preis-Gewinner im Portfolio zu haben… ). Diese Kurzformate sind in der Regel experimentierfreudiger und jünger als das Regelprogramm.

Ich habe mit großer Freude bei zwei dieser Formate mitgespielt. Das erste war LAST X-MAS für RTL+/Vox. In der Miniserie sucht die Hauptfigur Nathalie, gespielt von Paula Kalenberg, einen Mann für Weihnachten, weil sie ihrer Familie und besonders ihrem Opa versprochen hat, endlich ihren Verlobten mitzubringen. Dieser trennt sich aber  20 Tage vor Weihnachten von ihr, und weil das eventuell Opas letztes Weihnachtsfest ist, und der sich riesig freut, dass seine Lieblingsenkelin nicht mehr mannlos dasteht, muss schnell ein neuer Partner her. Ich spiele eins ihrer Dates, und man kann sich’s denken – das wird nix. Die kluge Regie führte Markus Sehr.

Miniserie Nr. zwei war die zweite Staffel von  LU VON LOSER. Das freut mich ganz besonders, weil ich ein Fan der ersten Staffel bin. LU VON LOSER ist das Brainchild der multitalentierten Alice Gruia, die produziert, regiert und hauptrollt. LU VON LOSER ist in allem super, Schauspieler, Drama, Komik und Wildheit. Damit hat sie auch das ZDF überzeugt, die ihre eigenproduzierte Serie gekauft und eine zweite Staffel bestellt haben. Alice Gruia ist brutal humorbegabt und ich hatte einen Riesenspaß. Gecastet wurde von Marc Schötteldreier.

Die erste Staffel gibt’s hier:
LU VON LOSER beim ZDF Kleines Fernsehspiel
Bitte ansehen!

Photo 1 Paula Kalenberg
Photo 2 Alice Gruia

Let’s talk!

Es begann am 7. September im ersten Corona-Herbst 2020. Christopher Peckham hatte einen YouTube-Talk ins Leben gerufen, den er „Comedians and the 80’s“ nannte (Comedian ist kein Begriff, der mich beschreibt, Komiker, damit könnte ich noch leben. Aber das war in diesem Falle zweitrangig). Die Action- und Science-Fiction-Filme der 80er-Jahre sind seine große Leidenschaft, Schwerpunkt Cannon-Films, also eher B-Pictures, die wegen ihrer, nun ja, völlig übertriebenen Inszenierungen maskuliner Gewalt und ihrer Mediokrität zu Kultfilmen wurden. Er fragte mich – über Instagram, meine ich – an, ob ich Lust auf einen Zoom-Talk über einen meiner absoluten Lieblingsfilme aus der Dekade hätte. Ich hatte und entschied mich für „Robocop“, diesen Dystopie-Hammer, den es lange Zeit nur in zensierter Version gab, wegen der expliziten Gewaltszenen. Das ist allerdings nicht (allein) der Grund, warum ich diesen Film so oft gesehen habe – und immer mal wieder gucke. Er ist ein hochintelligenter, fieser Kommentar auf übermächtige, regierungsnahe Konzerne, auf den Überwachungsstaat, auf unkontrollierbare Tech-Entwicklungen und auf die Verrohung in der Fernsehunterhaltung. Aus heutiger Sicht ist vieles leider von der Realität eingeholt, aber der ethische Diskurs trifft immer noch einen Nerv. Jedenfalls sprachen wir dann fast drei Stunden über „Robocop“, und danach kam sofort die nächste Anfrage, diesmal für eine Weihnachtsfolge, über „Die Harder“ und „Die Geister, die ich rief“. Die wurde dann allerdings überholt von einer Midnight Movie-Folge, über zwei meiner Lieblingshorrorfilme. Und dann starb plötzlich Sean Connery und wir machten ganz schnell eine Hommage an den ehemaligen Bond-Darsteller. Und schon hatten wir am Ende des Jahres vier Film-Talks aufgezeichnet.

Beim Weihnachtsspecial trafen wir uns zum ersten Mal zu viert im Zoom (Martin Sierp, Tobias Mann, Moderator Peckham und ich), das führte natürlich zu viel Durcheinandergerede und Pointenwettbewerb, es ging aber doch vorrangig um Film und Kino. Die Kombination dieser vier Filmfans, unsere unterschiedlichen Alter (meine ersten Kinoerfahrungen waren „King Kong gegen Godzilla“ [der von 1974], „Star Wars“ und „Grease“!), unsere unterschiedlichen Filmvorlieben, das funktionierte als Quasselformat so gut, dass das F-Team geboren war. Wir zeichnen immer noch F-Team-Folgen auf, es gibt ein Thema oder ein Genre, zu dem jeder Lieblings- oder Hassfilm oder beides mitbringt, und dann wird bis zu vier Stunden geredet.

Darüberhinaus produziert Peckham weiterhin Talks mit Sologästen, inzwischen auch international, bis jetzt sind es um die 80 Folgen, darunter auch aufgezeichnete Live-Talks und „Uncut“-Versionen vorher geschnittener Sendungen, für Filmfans, die nicht genug bekommen können von geballtem Nischenwissen. Die Optik ist den VHS-Präsentationen der 80er nachempfunden und wer sich als Film-Nerd bezeichnet, findet hier ein übervolles Füllhorn an Anregungen, Erinnerungen und Aufregungen. Dabei zu sein ist ein Riesenspaß (und manchmal echt viel Arbeit… ), aber ich sehe auch sehr gerne Folgen mit den anderen Talkgästen.

Das alles gibt es auf YouTube zu sehen, auf dem Kanal  Filmelei – Die Filmtalkshow

Shortcuts:

Filmelei UNCUT – Der Podcast – Hanno Friedrich über „Robocop“ (1987)

Midnight Movie Special – Folge 07 – Hanno Friedrich – Martyrs (2008) & Return of the Living Dead 3

Das Rocky Balboa Special – Der Filmtalk mit Hanno Friedrich über die Stallone Saga

Filmelei UNCUT – Das HORRORFILM Special – Tobias Mann, Hanno Friedrich & Martin Sierp – Halloween

007 JAMES BOND – Daniel Craig SPECIAL – Von „Casino Royale“ bis „No Time To Die“

Filmelei UNCUT – Das Western Special – Wilde Cowboys, echte Kerle – Tobias Mann, Hennes Bender ua.

Das SCHWARZENEGGER Special – Der Mann, der Mythos, die Filme – Von Terminator bis Expendables

Filmelei UNCUT – Die besten Filme der 90er Jahre – Mit Tobias Mann, Hanno Friedrich und Martin Sierp

BAGHDAD INTERNATIONAL THEATRE FESTIVAL

Als uns der Wiesbadener Intendant Uwe-Eric Laufenberg Ende September 2021 zu einer internen Besprechung bat und uns sagte, dass wir im November mit TYLL zum 2. Internationalen Theaterfestival im Irak eingeladen wären, waren die Reaktionen im Ensemble gespalten: die Einen so: „Wie geil!“, die Anderen eher stark zweifelnd. Ich gehörte zur zweiten Gruppe, ich dachte, dass wir unter den gegebenen Umständen unseren visuell, akustisch und bühnentechnisch doch anspruchsvollen Theaterabend nur „abgespeckt“ zeigen könnten, und dann der Zauber verloren geht. Denn unser Bühnenbild konnten wir auf keinen Fall mitnehmen, es würde vor Ort soweit es geht nachgebaut werden. Unser Ansprechpartner, der kurdische Regisseur und Schauspieler Ihsan Othmann hatte auf die Fragen der Zweifler und Zauderer meistens folgende Antwort: „Da wird einiges improvisiert werden müssen; das machen wir schon möglich; keine Ahnung, ob das geht.“ Wir spielen auf nassem Torf: „Wir haben Sand“, wir brauchen schwer hängende bemalbare Papierbahnen in sieben Zügen: „Papier gibt’s natürlich im Irak, was denkt ihr denn? Aufhängungen wird’s allerdings nicht so viele geben.“ Was ist mit der Technik: „Naja, die ist auf dem Stand von 1975. Falls sie funktioniert.“
Weil ich mit dem Regisseur Tilo Nest die Theaterfassung von Kehlmanns Erfolgsroman TYLL geschrieben hatte und auch von Anfang an bei der Konzeption mit im Boot war, liegt mir unser TYLL sehr am Herzen. Von Zuschauerreaktionen wusste ich, wie überwältigt und bewegt das Publikum auf unserem Abend reagiert, ich glaubte, der Anwalt des Regisseurs sein zu müssen und meinte, wenn wir das nicht einszueins transportieren könnten, brauchten wir gar nicht anzutreten, weil es dann irgendwie deutsches Sprechtheater (vielleicht sogar ohne komplettes Kostüm, ohne Toneinspieler?) in einem arabischen Land würde, wer will das sehen, wer soll das verstehen?  Die nächste Ansage war dann: ihr müsst kürzen, und ihr könnt keine Pause machen, die Leute denken sonst, es ist zu Ende und gehen nach Hause. Hat mich auch nicht gerade überzeugt. Der Intendant war der Meinung – stark verkürzt – „Ihr Schauspieler tragt das mit eurem Spiel, ihr könnt das auch im Trainingsanzug rüberbringen, Hauptsache der Lappen geht hoch.“ Das fand ich doch sehr leichtfertig. Dazu mischten sich meine Bedenken in Bezug auf unsere Sicherheit, die Reisewarnungen auf der Website des Auswärtigen Amts quellen über von Begriffen wie: terroristisch, volatil, professionelles Sicherheitskonzept, kriminelle Gewalt und gipfeln in Aussagen wie „Meiden Sie Bewegungen nach Einbruch der Dunkelheit.“ (Da musste ich schon etwas schmunzeln – wirklich jede Bewegung? Was ist mit dem Gang zu Getränkehandlungen – die dort gigantisch sind; und bewacht – um Bier zu kaufen, oder gar dem Griff zum Bier, ist ja auch eine Bewegung? Militärsprech eben.) Ganz zu schweigen von der unübersichtlichen Corona-Situation.
Meine Frau, die Theaterfotografin, sagte sofort, da komme sie mit, um alles zu dokumentieren, ich meinte aber, es reicht, wenn ein Elternteil bei einem Selbstmordattentat des IS umkommt. Das nächste Problem war, dass wir in der kurzen Zeit bis zum Beginn des Festivals keine Visa bekämen, aber wir wären schließlich Staatsgäste und hätten unsere schriftliche Einladung dabei. Schnell wurde versucht, mit den Organisatoren und technischen Leitern des Nationaltheaters Kontakt aufzunehmen, um herauszufinden, was vor Ort möglich sein würde. Glücklicherweise ist einer der jungen Lichttechniker in Wiesbaden irakstämmig, spricht beide Sprachen fließend und konnte übersetzen, aber so richtig auf einen grünen Zweig kam man nicht. Sicher war aber: die schwebenden Bühnenbildelemente waren nicht machbar, außerdem würden neue Licht- und Tontechniker das Stück „fahren“, die die Inszenierung nicht kannten. Kostüme müssten wir im Privatgepäck mitnehmen, viel private Kleidung brauche man nicht, es sei noch schön warm in Bagdad; wir spielen das Stück barfuß, zu Beginn tragen wir allerdings schwarze Boots, müssen wir aber auch nicht mitnehmen (das Gewicht!), denn Schuhe gibt’s auch im Irak. Am Ende aller Gespräche war mir klar, wenn sich die meisten dafür entscheiden, werde ich die Mehrheitsentscheidung mittragen. Trotz meiner Angst. Also, auf nach Bagdad.
Tilo und ich schrieben dann eine neue Fassung, wir verabschiedeten uns von ein paar Szenen, kürzten andere, änderten die Reihenfolge, und dann wurde durchgesprochen. Zwei Tage im Theaterfoyer (denn alle Bühnen und Probebühnen waren belegt) mit den neuen Technikern, drei Tage vor Abflug nach Bagdad. Das war wirklich alles mit ganz heißer Nadel. An darauffolgenden Sonntag dann der neunstündige Flug mit Qatar Airways samt Umstieg in Doha (Qatar). Am Flugschalter in Frankfurt hieß es, ohne Visum können Sie aber nicht einreisen, streng genommen können wir Sie gar nicht einchecken. Unser Dramaturg, der auch als Reiseleiter fungierte, musste viel erklären, die offizielle schriftliche Einladung wurde zu den Vorgesetzten durchgereicht, das Theaterfestival war allen völlig unbekannt, aber irgendwann wurde unserer unglaublichen Geschichte Glaube geschenkt und wir durften in den Sicherheitsbereich. In Bagdad das gleiche Spiel, 2:55 Ortszeit, es wurde viel diskutiert, telefoniert, die bewaffneten Sicherheitskräfte wurden mithinzugezogen, denn im Privatgepäck befanden sich der metallene Brustpanzer vom Schwedenkönig Gustav Adolf (Kostüm), schwarze Pigmente zum Abmischen der auswaschbaren Farbe, mit der wir auf der Bühne die – hoffentlich vorhandenen – Papierbahnen bemalen würden (verdächtiges Pulver), 1 Liter Theaterblut (sowieso verdächtig). Und niemand kannte das Internationale Theaterfestival! Zum Glück hatten wir einen Muttersprachler dabei, nicht vorstellbar, was wir ohne ihn getan hätten. Wir warteten sehr lange, bis wir alle unser Visum im Pass hatten, denn als wir an unserem Hotel, dem Al-Mansour-Hotel, in Bagdad ankamen, ging langsam die Sonne auf und der Muezzin rief zum ersten Gebet.
Am Nachmittag besuchten wir unsere erste Theatervorstellung „Supermarkt“ aus Syrien, eine Bearbeitung Dario Fos „Bezahlt wird nicht“. Wir staunten: es gibt keine Tickets, jeder, der möchte, kann ins Theater, der Saal des Al-Raschid-Theaters ist riesig, auch während der Vorstellung ein ständiges Kommen und Gehen, viel Zwischenapplaus, vereinzelt Zwischenrufe, es wird gefilmt, fotografiert, geSMSt, und kaum, aber doch, telefoniert. Am Ende dann kurzer heftiger Applaus, viele Zuschauer verlassen den Saal sehr schnell, aber ebenfalls sehr viele: stürmen die Bühne, reden mit den Schauspielern und machen Fotos. Das war schon ungewöhnlich. Dachten wir. Denn bei der Nachmittagsvorstellung am folgenden Tag passierte dasselbe, die Zuschauer waren sogar noch euphorischer, die irakische Inszenierung „Yes Godot“, eine Beckett-Paraphrase, war anscheinend voll mit aktuellen und politischen Anspielungen und traf den Nerv des einheimischen Publikums, wieder wurde die Bühne nach Vorstellungsende erobert.
Am Mittag hatten wir unsere Bühne im Nationaltheater begutachtet, die deutschen und irakischen Techniker hatten nach der Vorstellung am Abend vorher begonnen, den Bühnenraum vorzubereiten und überraschten uns mit einer Bühnenfläche voll Sand, mit hängenden Papierbahnen in vier Bühnenzügen, die Lichteinrichtung war annähernd original, der Ton und die Musik klangen nahezu perfekt. Sie hatten uns sogar einen Zug mit den unbedruckten Zeitungspapierbahnen eingerichtet, um das Papierverhalten zu testen, wenn wir darauf malten, die unteren Enden waren umgeklebt, damit sie schwerer fielen, und auch das Malen funktionierte. Damit hatte ich nicht gerechnet. Während unserer Gesangsprobe auf der Bühne fiel dann der Strom aus, im gesamten Haus. Könnte das auch während unserer Vorstellung passieren? Natürlich! Das riesige Haus, das höchstens fünfmal im Jahr von freien Gruppen bespielt wird, ist in desolatem Zustand. Das ist besonders im Hinterbühnenbereich spürbar. Duschen: Fehlanzeige, Toiletten: kann man so eigentlich nicht nennen, Garderoben: unsere Gruppe sucht sich den am wenigsten heruntergekommenen Raum aus, in dem es funktionierende Steckdosen gibt. Trotzdem ist die Stimmung sehr gut, wir sind alle begeistert von der Gastfreundschaft, wir haben uns frei in Bagdad bewegt und schon jetzt viele Eindrücke gesammelt, nach unserer Vorstellung sind wir noch zwei Tage hier und werden weiterhin Theater aus dem arabischen Raum sehen und die Stadt erkunden.
Zwanzig Minuten vor Vorstellungsbeginn wird ein großer Plastiksack vorbeigebracht, darin alte Schuhe. Wundervollerweise finden alle ein passendes Paar. Unser TYLL am Abend fühlt sich dann fast original an, trotz Kürzungen, Umstellungen und vereinfachter Bühne. Ab der ersten Minute haben wir das Gefühl, das der vollbesetzte 1000 Personen fassende Zuschauerraum völlig konzentriert unserem Spiel folgt. Übertitel, geschrieben von unserem Dramaturgen, übersetzt von unserem Lichttechniker, fassen die gespielten Szenen auf arabisch zusammen und helfen sicherlich beim Verständnis. Nach einer Stunde und fünfzig Minuten Spielzeit fährt das Licht langsam herunter, wir Schauspieler sind in einem letzten großen Schlachtengemälde im Dreißigjährigen Krieg umgekommen und liegen im Sand, der westfälische Friede ist geschlossen und die beiden Schauspieler des alten und des jungen Tyll gehen nach hinten ins Dunkel ab. Es ist kurz still und dann bricht ein Orkan los, das Publikum jubelt und schreit, bald stehen alle und wir können es eigentlich nicht fassen. Wie haben wir die nur erreicht, auf welche Reise sind die da gerade mit uns gegangen? Wir verbeugen uns drei, viermal, nicht abgehen wurde uns gesagt, dann würden auch die Zuschauer gehen, und schon wird die Bühne gestürmt. Wir werden umarmt, fotografiert, Junge und Alte, Frauen wie Männer machen Selfies mit uns, und plötzlich stehen wir vor Kameras und Mikrofonen und sollen erzählen, wie es uns geht, wie wir den Abend erlebt haben und wie wir Bagdad finden. Wir sind vollkommen euphorisiert. Die Zuschauer, die englisch oder französisch sprechen, das sind nicht wenige, teilen ihre Begeisterung mit uns.
Und ich frage mich, was für Bedenken ich überhaupt hatte, wo kamen meine Zweifel und Ängste her? Nicht nur die Liebe und die Musik, auch die Theaterkunst scheint eine universelle Sprache zu sein. Uns und unseren Gastgebern wurde erlaubt und ermöglicht eine Brücke zu schlagen. Der Hunger nach Kultur und Theater hat Menschen zusammengebracht, die sich normalerweise nie begegnen könnten. Beim öffentlichen Kritikergespräch am nächsten Morgen wird dann tatsächlich sinngemäß gesagt: „Wenn wir unsere Schauspieler so gut ausbilden, können wir es wagen, unsere Politik zu kritisieren. Dann können wir unser Land verändern und dadurch die Welt.“ Uns Schauspielern ist klar geworden, wie relevant unser Beruf doch sein kann, und wir waren uns alle einig: Wir würden wieder hinfahren.

Oben ohne bei den RENTNERCOPS

Frank Brock!

Schon der Name ist verheißungsvoll. Wir wissen seit langem, dass Figuren, die Frank heißen, schlimme Finger sind: Frank Booth in BLUE VELVET, Henry Fondas Frank in SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD, Frank Miller in HIGH NOON, Frank Zito in MANIAC! Und der erste und bekannteste Wirt von Venom hieß Eddie Brock (gut, das ist jetzt nur was für Connoisseurs…). Also Frank Brock – man möchte es amerikanisch aussprechen – so heißt meine Rolle in der RENTNERCOPS-Episode „Auf den Hund gekommen„. Frank ist eigentlich Zuhälter, und wie der Ermittler Rainhard Bielefelder sagt, seine ‚Pferdchen laufen gut.‘ Aber manchmal muss es eben etwas mehr sein, deshalb betreibt Brock auch illegales Glücksspiel, Juwelenraub und was so dazugehört. Er wohnt mit seiner Perle in einem Minipalast mit eigenem Schwimmbad (nicht nur Pool) im nicht gerade für seine Geschmackssicherheit wohlhabenden Süden von Köln. Dort wird er von den RENTNERCOPS aufgesucht, während er im Wasser dümpelt. Und das war natürlich ein Heidenspaß am Set: großer Schwimmreifen, knappe Speedo, völlig sinnfreie Tattoos (schon wieder Tattoos…), dicke Goldkette. Auch darüberhinaus ist er eher unangenehm und wird schon bald wegen Mordes verdächtigt.

Brock ist ein neues Prachtexemplar für mein Rollenprofil ‚Die größten Arschlöcher Deutschlands‘. Und für mich ein Wiedersehen mit Mit-Bonner Bill Mockridge, der zusammen mit Hartmut Volle das neue RENTNERCOPS-Duo bildet. Tolle humorbegabte Regie von Janis Rebecca Rattenni.

Am 17.11.21 im Ersten.

Danach noch bis Mai in der Mediathek:

RENTNERCOPS – Auf den Hund gekommen